Zur Geschichte:
Geschichte und Geschichten - Inhalt
Der Abbruch der Freiheiter Tore
Schulstandort Freiheit - Stadtschule und Lehrerseminar
Verschwundenes:
Neues Tor: neue Freiheiter, neugierige Blicke und der verschwundene Zugang zur Freiheit
Dokument:
Die Heimatwarte:
600 Jahre 'Freiheit' zu Homberg, Juni 1956
 

Der Bau der Wallstraße

Zwischen den Schulbauten in der Freiheiter Straße und der Mauer zur Oberstadt lagen auf den alten Wallanlagen die Wallgärten. Die Gärten wurden vor allem von den Lehrern der Stadtschule genutzt. Aufgrund der günstigen Südlage waren die Gärten sehr ertragreich.

Ein Relikt der Wallgärten ist noch heute entlang der Stadtmauer auf dem kleinen Podest neben dem Neuen Tor vorhanden. Als botanische Rarität stehen dort Maulbeerbäume, die der Lehrer Horn in seinem Garten zur Zucht von Seidenraupen angepflanzt hatte.

In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde dann als Umgehungsstraße der Altstadt eine Verbindung zwischen Holzhäuser Tor und der Drehscheibe geplant. In den Jahren 1937/38 wurde diese Planung dann in die Tat umgesetzt. Im Bereich des Holzhäuser Tors wurden Gebäude abgebrochen, an der Drehscheibe (damals Adolf-Hitler-Platz) wurde das Kaufhaus Höxter abgerissen. Das Kaufhaus gehörte den jüdischen Kaufleuten Robert und Julius Höxter. Das Kaufhaus gehörte in den 20er und 30er Jahren zu den größten und modernsten Kaufhäusern der Region. Es war verkehrsgünstig gelegen und bekannt für seine gute und preiswerte Ware.

Nach 1933 sehen sich die Höxters immer wieder Übergriffen ausgesetzt. Die Schaufenster werden beschmiert, Bürger die im Kaufhaus einkaufen werden aus dem gegenüberliegenden Geschäftshaus Paulstich fotografiert und denunziert. Kunden trauen sich nur noch über den Hintereingang oder bei Dunkelheit ins Kaufhaus. Obwohl es vor 1933 Pläne zum Bau der Wallstraße gab, die das Kaufhaus nicht beeinträchtig hätten, wurde die Straße 1937/38 so gebaut, dass das Kaufhaus abgerissen werden musste. (mehr zur Geschichte der Familie Höxter: Friedrich Dreytza, Christiane Fäcke, Spuren jüdischen Lebens im Kreis Homberg, Homberg 2004) Eingeweiht wurde die Wallstraße übrigens von Hermann Göring.

Es war sicherlich einer der bis dahin einschneidensten städteplanerischen Eingriffe in das Erscheinungsbild der Stadt. Die neue 'Straße zerschnitt die alten Wallanlagen zwischen der Freiheit und der Stadtmauer, die einst Teil des starken Schutzes rund um Homberg waren. Konnte die Freiheit von Feinden noch relativ leicht überrannt werden, war das Erklimmen des Walls und der Südmauer der Stadt weitaus schwieriger. Später wurden die Wallanlagen zu einem grünen Gartengürtel zwischen den beiden Teilen der alten Doppelstadt. Alte Fotos zeigen den Zustand vor dem Bau der Wallstraße - ein sehr reizvolles ambiente, das heute sicherlich eine der Hauptattraktionen der Stadt wäre.

Wallstraße, Neues Tor, Pulverturm - historische Aufnahmen

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Eine weitere Umgestaltung kam im Rahmen der Stadtsanierung in den 70er Jahren. Die alte Stadtschule wurde abgebrochen, an ihrer Stelle entstand das neue Feuerwehrgerätehaus. Auch ein Busbahnhof wurde neu erbaut. Leider sind beide Baumaßnahmen typische architektonische und stadtplanerische Verfehlungen der 70er Jahre. Die ehemalige Treppe vom Neuen Tor über die Wallstraße und am Damenstift vorbei in die Freiheit wich einer Unterführung, die sicherlich zu den hässlichsten Stellen Hombergs zählt. Im Zuge der Neugestaltung der Wallstraße 2005 wurde versucht, eine freundlichere Gestaltung umzusetzen und den Bereich wieder aufzuwerten.

Nach der Neugestaltung der Wallstraße im Jahr 2005 wird die Tradition der Wallgärten in der Gestaltung der Anlagen entlang der Straße wieder aufgegriffen. Hier finden nicht nur interessante Kunstwerke wie die Stelzenläufer oder die von Schülern gestalteten kleinen Holzskulpturen ihren Platz, ein Gruppe von Homberger Bürgerinnen hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, die gärtnerische Gestaltung der Anlagen in ihre fachkundigen Hände zu nehmen.


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Der Abbruch der Freiheiter Tore


Quellen:
Ingrid Kaiser, Klaus Lambrecht, Silke Urban, Alt-Homberg - Ein Stadtspaziergang in alten Bildern, Gudensberg 1988
Friedrich Dreytza, Christiane Fäcke, Spuren jüdischen Lebens im Kreis Homberg, Homberg 2004