Verschwundenes:
Die Tankstelle Böth an der Drehscheibe
Neues Tor: neue Freiheiter, neugierige Blicke und der verschwundene Zugang zur Freiheit
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Geschichte und Geschichten - Inhalt
 

Der legendäre Milchpilz an der Wallstraße

Für einen Bewohner des ganz vorderen Neubaugebiets Osterbach war die Freiheit eigentlich ein unentdeckter Teil Hombergs, in den man sich besser nicht hineintraute. Selbst später hieß es noch, es sei vorteilhaft auf dem Heimweg aus der Schule die Freiheit zu meiden - könnte sein, die Freiheiter Jungs treten an zur Revierverteidigung. Wahrscheinlich war dies noch ein Nachklang der Zeiten, als die Jugendlichen der Oberstadt und der Freiheit gerne in kleinen Rangeleien oder größeren Schlägereien ihre Kräfte maßen.

Zumindest der Heimweg vom Kindergarten im Schwenkenweg oder aus der Grundschule am Stellberg führte in den späten 60er Jahren entlang der Wallstraße. Und dort taucht fern in der Erinnerung der Milchpilz auf - Verkaufsstelle für Trinkmilch, Süßigkeiten und Eis. Sehr lange stand er allerdings nicht mehr dort, irgendwann war er verschwunden. Und trotzdem ist der Milchpilz mit der leuchtend roten Fliegenpilzhaube vielen in der Erinnerung geblieben.


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Der Milchpilz ist eine Entwicklung der 50er Jahre, quasi die Freiluftversion der Milchbar. Entwickelt wurde er von der Firma Waldner als 'Milchverbrauchswerber' (damals war die Werbebranche noch der deutschen Sprache mächtig ...).

Die Hermann Waldner KG aus Wangen im Allgäu war ein Hersteller von Molkereigeräten. Mit den Milchpilzen wollte man den Milchherstellern die Möglichkeit geben, den Absatz ihrer Produkte zu fördern. Mit seiner farbenfrohen und durchaus lustigen Erscheinung ist der Milchpilz ein typisches Produkt einer Zeit des wirtschaftlichen Wachstums und gesellschaftlichen Aufbruchs.

Geliefert wurde der Milchpilz als Bausatz. In der Grundausstattung kostete er 6.623 DM, was in der damaligen Zeit ein stolzer Preis war. Trotzdem war der Milchpilz ein Erfolg, ca. 50 Exemplare wurden in der BRD und im benachbarten Ausland errichtet. Einer davon an der Wallstraße in Homberg. Natürlich gab es passend zur weiß gepunkteten roten Haube rot-weiße Sonnenschirme.

Dann wurden die Zeiten nüchterner und die Milchpilze verschwanden fast vollständig. Anstelle des farbenfrohen Milchpilzes entstand an der Wallstraße das Feuerwehrgerätehaus, später die Betonorgie des Busbahnhofs. Auch dies sind typische Bauwerke ihrer Zeit - ob man ihnen aber einst mit nostalgisch verklärtem Blick nachweinen wird wie dem Milchpilz, wage ich zu bezweifeln. Die einen lösten hier brav die Gutscheine für die Schulmilch ein, die anderen tauschten die Gutscheine in Geld für Transistorradiobatterien.

Auf jeden Fall sind der Milchpilz an der Wallstraße und sein Besitzer Heinz Bolte nicht nur den Kindern in Erinnerung geblieben.


Alle Infos rund um den Milchpilz: www.pilzkiosk.de


Quellen: Die legendären Pilze: www.pilzkiosk.de